Re: Stones Rail Against Bush
Date: August 25, 2005 21:00
Alles außer Bush
Von Albert Scharenberg
Bush-Bashing steht hoch im Kurs. Beflügelt von Michael Moores Fahrenheit 9/11 hoffen viele Menschen, dass eine Abwahl des derzeitigen US-Präsidenten die Lage in den USA und in der Welt grundlegend verändern würde.
Umgekehrt bedeutet dies, dass große Hoffnungen in den Kandidaten John Kerry gesetzt werden. Die Frage, inwieweit sich sein politisches Programm tatsächlich von George W. Bushs unterscheidet, gerät dabei allzu oft aus dem Blick. Nachdem die Parteitage genannten Krönungsmessen von Demokraten und Republikanern nunmehr die heiße Phase des Präsidentschaftswahlkampfes eingeläutet haben, ist es an der Zeit, sich Kerrys Aussagen daraufhin genauer anzusehen, wo die Gemeinsamkeiten und wo die Unterschiede zu finden sind.
Das zentrale Wahlkampfthema ist die US-Außenpolitik. Gerade hier bestehen Hoffnungen auf grundlegende Veränderungen durch den vermeintlichen "Europäer" Kerry.
Eine Analyse der Aussagen des Tandems Kerry/Edwards und ihres Wahlprogramms kann solche Erwartungen nicht bestätigen.1 Die so heftig umstrittene US-Außenpolitik wird unter Kerry im Wesentlichen fortgesetzt werden. "Die Unterschiede sind, sofern vorhanden, relativ gering," urteilte die "New York Times" bereits am 31. Mai. Die Gemeinsamkeiten hingegen sind groß. Während die Demokratische Partei in der Vergangenheit zumindest ansatzweise darauf setzte, dem triefenden Patriotismus und Säbelrasseln der Republikaner etwas entgegenzusetzen, scheinen die Wahlkampfstrategen dieses Mal davon auszugehen, dass Kerry Bush an nationalistischer Entschlossenheit noch übertrumpfen muss.
Kerry beschuldigt Bush der "Schwäche" und wirft der US-Regierung in seinem "Ein stärkeres Amerika" überschriebenen Wahlprogramm vor, nicht genug für die Sicherheit der Amerikaner zu tun. Änderungen im "Krieg gegen den Terror" stellt er nicht in Aussicht.
Auch in Bezug auf Irak zeigt der Kriegsbefürworter Kerry "Stärke" und stellt klar, dass er auch ohne die Drohung mit Massenvernichtungswaffen für den Irakkrieg gestimmt hätte. Ein Abzug der Truppen, wie ihn neben vielen Demokraten etwa die Hälfte der US-Bevölkerung fordert, wird nicht erwogen. Damit steht ein Kurswechsel in der Außenpolitik, wie jüngst in Spanien, zwischen den beiden großen Parteien nicht zur Wahl.
Wesentliche Änderungen an der Besatzungspolitik sind nicht vorgesehen, wenngleich Kerry für eine stärkere Einbindung der europäischen Verbündeten und der UNO plädiert: Nach Bushs "Koalition der Willigen" will Kerry nun eine "Koalition der Fähigen" ins Leben rufen. Um eine solche Einbindung ohne substanzielle Änderung der Politik, wie sie angesichts der jüngeren Entwicklung selbst Neokonservativen wie William Kristol vorschwebt,2 bemüht sich die Bush-Regierung allerdings bereits seit Monaten. Diese Form des Multilateralismus ist nur die Schale, unter der auch bei Kerry und den Demokraten - eigentlich bereits seit Clinton - ein harter Kern des Unilateralismus steckt. So erkennt auch die Konrad-Adenauer- Stiftung, dass Kerry "die Präventivschlagdoktrin Bushs verteidigte und sich somit in einem der zentralen Streitpunkte zwischen Präsident Bush und Europa auf Bushs Seite gestellt hat."3 Insofern lässt sich allenfalls von einem instrumentellen Multilateralismus sprechen, der allerdings die europäischen Regierungen im Falle eines Wahlsieges Kerrys erheblich unter Druck setzen könnte, gerade wenn dieser ihnen, wie angekündigt, einen Anteil an der "Kriegsbeute" einräumt.
Auch hinsichtlich der Dominanz militärischer Lösungen stehen Kerry und Edwards hinter Bush und Cheney kaum zurück. Sie wollen die Kriegsfähigkeit der US-Armee verbessern und dazu unter anderem zwei neue Divisionen aufstellen. Kerry hat einen Ausgabenstopp angekündigt, der für alle Bereiche des Haushalts gelten soll - mit Ausnahme des Militärs. Und dies, obwohl Bush den US-Militärhaushalt so stark erhöhte, dass er heute größer ist als alle übrigen Militäretats der Welt zusammen. Umstritten ist also nicht der Ausbau des Militärs, sondern nur die Art desselben. Zu Recht spricht Mike Davis von einer "Falken- Plattform" realistischer Provenienz und Norman Birnbaum von Kerry als "Bushs Verbündetem".4
Wie in der Außen- sind auch in der Außenhandelspolitik kaum Änderungen zu erwarten. Kerry, der als Senator ein widersprüchliches Abstimmungsverhalten an den Tag gelegt hat, schwankt nicht, wenn es um den Ausbau des Freihandels geht. Im Wahlprogramm betont er, sich für Arbeiter einsetzen zu wollen, die ihre Jobs ins Ausland verloren haben. "Kein Wort darüber, dass er [...] allen Freihandelsverträgen zugestimmt hat."5 Kerrys Patentrezept: Steuersenkungen für Unternehmen. Globalisierungskritische Kräfte in den USA werden sich ähnlich über seine Auffassungen freuen wie Attac Deutschland über den Bundespräsidenten Köhler.
Kerry und sein Team haben sich für Haushaltskonsolidierung bei weiter wachsendem Militärhaushalt entschieden. Man muss kein Haushaltsexperte sein, um zu erkennen, was dies für die übrigen Teile des groß angekündigten "Reformprogramms" bedeutet. So werden für einen Ausbau der Krankenversicherung, der selbst in der Boom-Ära der 90er Jahre nicht zustande kam, für eine Verbesserung der öffentlichen Schulen oder für eine Sicherung wohlfahrtsstaatlicher Programme kaum Mittel bereitgestellt werden. Ob die avisierten Änderungen in der Energie- und Umweltpolitik zustande kommen, erscheint angesichts von Kerrys Ablehnung der Ratifizierung des Kyoto-Protokolls fraglich.
Insgesamt ist Kerrys Wahlprogramm auf die Interessen des Big Business einerseits und der Mittelschichten andererseits zugeschnitten. Die besonderen Interessen der unteren Klassen und Schichten werden kaum angesprochen. In einem Wahlkampf, in dem es angeblich um jede Stimme geht, scheint dieser Umstand erklärungsbedürftig.
Demokraten und Republikaner Hand in Hand
In den Wahlen kommt die US-amerikanische Zweidrittel-Gesellschaft zu sich selbst. Nicht zufällig sind die USA die westliche Demokratie mit der niedrigstenWahlbeteiligung und den höchsten Wahlkampfspenden. "Ein Blick in die Spenderlisten John Kerrys zeigt, wie sehr auch Kerry vom Großen Geld zehrt, wenn auch eher aus anderen Branchen als Bush."6 Man muss kein Anhänger der Monopolgruppentheorie Jürgen Kuczynskis sein, um die Dynamik dieser elitären Konkurrenz zu erkennen. Mehr noch: Die USA sind das einzige große demokratische Land, in dem die unteren Klassen, wie die Minderheiten, in der Wählerschaft substanziell unterrepräsentiert sind. Vereinfacht gesagt: Die Mittel- und Oberschichten gehen wählen, die Unterschichten bleiben zu Hause.
Frances Fox Piven und Richard A. Cloward haben untersucht, wie der Rückgang der im 19. Jahrhundert noch hohen Wahlbeteiligung zustande kam.7 Sie verweisen auf zwei Entwicklungen an der Wende zum 20. Jahrhundert. Erstens brachte die "populistische" Massenbewegung das Zweiparteiensystem an den Rand seiner Auflösung; zweitens erhöhte die Ausweitung der staatlichen Interventionspolitik die Chancen der unteren Klassen und Schichten, erfolgreich Forderungen an den Staat zu richten. Daraufhin hätte das Bemühen um deren Mobilisierung in beiden Parteien abgenommen. Einmal etabliert, habe sich dieser Ausschluss immer wieder reproduziert: Weil die Armen nicht wählen gehen, konzentrieren sich die Politiker - schon aus Gründen des eigenen Machterhalts - auf die Bessergestellten, wodurch sich die Parteien im Laufe der Jahrzehnte nicht nur gegen den Einfluss, sondern auch gegen die politische Kultur der unteren Klassen abdichteten.
Deshalb konkurrieren beide Parteien auch heute im Kern um diejenigen, von denen sie annehmen können, dass sie sich als Wählerinnen und Wähler beteiligen werden: die Mittel- und Oberschichten. In gewisser Hinsicht hat sich so eine Art informelles Zensuswahlrecht re-etabliert.
Wie weit das parteiübergreifende Zusammenspiel dabei geht, zeigen die letzten Präsidentschaftswahlen. Die Demokraten erklären ihre Niederlage nicht mit Fehlern in ihrer Wahlkampfstrategie, sondern mit der Kandidatur Ralph Naders, der für die Green Party USA bundesweit 2,7 Prozent der Stimmen erhielt. Diese "Erklärung" ermöglicht es ihnen, hemmungslos gegen den erneut kandidierenden "Spalter" Nader zu agitieren und dadurch das Zweiparteiensystem zu befestigen. So wird die kritische Alternative in Geiselhaft genommen für das eigene Scheitern.
Darüber hinaus sehen die Demokraten geflissentlich darüber hinweg, dass nicht nur in Jeb Bushs Florida, sondern auch in neun weiteren, darunter auch demokratisch regierten Bundesstaaten alle selbst geringfügig Vorbestraften lebenslang vom Wahlrecht ausgeschlossen bleiben. Alleine in Florida besitzen deshalb über 400000 Menschen kein Wahlrecht mehr, unter ihnen etwa 200000 Afro-Amerikaner und damit fast ein Drittel (31,2 Prozent) der schwarzen Männer.8 Wer aber vom Wahlrecht nicht reden will, sollte vom Ergebnis schweigen.
Social Issues
In der politischen Landschaft der USA haben sich in den vergangenen Jahrzehnten wesentliche Veränderungen ergeben. Die Republikaner und ihre Präsidenten führten das Land stramm nach rechts - und die Demokraten trippelten hinterher.
Diese Entwicklung hat auch mit den politischen Kräfteverhältnissen zu tun. Dem Niedergang der Bürgerrechtsbewegung, der Gewerkschaften und anderer sozialer Bewegungen der 60er und 70er Jahre stehen der konservative Backlash und der Aufschwung der so genannten christlichen Rechten gegenüber. Anhänger dieser Strömung kontrollieren heute etwa 30 der 50 republikanischen Parteiverbände. Waren sie bereits ein zentraler Bestandteil der "Reagan-Koalition", so ist ihr gesellschaftlicher Einfluss unter dem "wiedergeborenen" Präsidenten Bush größer denn je. Schon aus diesem Grunde kann es progressiv Gesinnte nicht gleichgültig lassen, wer am 2. November das Rennen ums Weiße Haus gewinnen wird.
Die inhaltlichen Unterschiede zwischen den beiden Lagern muss man allerdings in anderen Politikbereichen suchen. Im neoliberalen Zeitalter der Globalisierung vollzieht sich eine postmoderne Aufspaltung der Politik: Einerseits werden die "harten" Felder kapitalistischer Verwertung, insbesondere die Wirtschafts- und Außenpolitik, dem Zugriff der Politik weitgehend entzogen. Andererseits geht die neoliberale Entpolitisierung von ökonomischen und sozialstaatlichen Fragen, die ganz der wirtschaftlichen Logik des Unausweichlichen untergeordnet sind, mit einer Verlagerung der Konflikte in andere Bereiche einher.9 In den USA bedeutet dies die Zuspitzung des Kampfes um die so genannten social issues.
Jedoch scheut sich Kerry auch hier, klare Gegenpositionen zur Bush-Regierung zu beziehen. Die Unterschiede zwischen den beiden Parteien sind aber größer als zwischen den Kandidaten.
So stehen die Demokraten für das Recht auf Abtreibung und die Trennung von Kirche und Staat, während die Republikaner Abtreibung erschweren und beispielsweise das Schulgebet allgemein einführen wollen. In Fragen der Sexualmoral gehen die Auffassungen ebenfalls deutlich auseinander. Auch wenn sich beide Kandidaten gegen die Homoehe aussprechen, wird im Wahlkampf kontrovers über die Gleichberechtigung Homosexueller diskutiert.10
Mit Blick auf Einwanderung und Multikulturalismus vertreten die Parteien traditionell unterschiedliche Positionen. Während die Demokraten als Partei der Einwanderer und Minderheiten gelten und für die Erleichterung der Einbürgerung und Affirmative-Action- Programme eintreten, orientieren sich die Republikaner stärker an den Werten des "weißen" und "männlichen" Backlash. Allerdings zeigen die Bemühungen der Republikaner um die Latinos, dass im diesjährigen Wahlkampf intensiv um neue Loyalitäten und Bündnisse gerungen wird.
Hinsichtlich des Bürgerrechtsabbaus scheinen die Gemeinsamkeiten zu überwiegen; so verteidigt auch Kerry den USA PATRIOT Act. Unterschiedliche Auffassungen vertreten die beiden Kandidaten hingegen zur Todesstrafe, wenngleich Kerry von seiner früheren Ablehnung abgerückt ist und nun die Todesstrafe für Terroristen befürwortet.
Insgesamt sind die programmatischen Unterschiede zwischen Kerry und Bush so gering, dass Naomi Klein von "enttäuschenden Übereinstimmungen” spricht. "In den meisten wichtigen Bereichen," so Klein, "wird Kerry genauso schlecht sein.” Trotzdem erklärt sie in dem gleichen Beitrag ihre Unterstützung der "Anybody But Bush"- Kampagne - und zwar mit dem trifftigen Argument, dass eine Abwahl von Bushs Entourage den Spielraum für alternative Inhalte und außerparlamentarische Initiativen wieder öffnen könne: "Also jeder außer Bush. Und dann lasst uns wieder an die Arbeit gehen."11 Man gebe sich keinen Illusionen hin: Auch eine Wahl Kerrys wird nichts an der Notwendigkeit einer anderen, einer Politik von unten ändern.
Was ist die Schlussfolgerung hieraus? Piven und Cloward haben noch ein anderes Werk geschrieben, an das es zu erinnern lohnt. In "Poor People’s Movements" 12 zeigen sie, dass die unteren Klassen und Schichten sich historisch gerade dann Gehör verschaffen konnten, wenn sie die konventionellen Regeln, Verfahren und Rituale der repräsentativen Politik durchbrachen. Erst dann reagierten auch die Regierenden. Diese Erfahrung sollte kritische Politik, nicht nur in den Vereinigten Staaten, auch künftig beherzigen.
1 Reden, Aussagen, Programme Kerrys unter: www.johnkerry.com
2 Vgl. das Interview mit Kristol, "Krieg ist keine Geometrie", in: "Blätter", 7/2004, S. 805-816.
3 Axel Heck, John Kerry - der "europäische" Kandidat? Analysen und Argumente aus der Konrad-Adenauer-Stiftung, 13/2004.
4 Mike Davis, Oedipus Bush, www.socialistreview. org.uk/article.php?articlenumber=8973; Norman Birnbaum, John Kerry, Bushs Verbündeter, in: "die tageszeitung", 18.5.2004.
5 Konrad Ege, Fahnen schwenken, in: "Freitag", 5.8.2004.
6 Jochen Arntz und Holger Schmale, In der heiligen Kette der Verantwortung, in: "Frankfurter Rundschau", 28.5.2004.
7 Frances Fox Piven und Richard A. Cloward, Why Americans Still Don’t Vote. And Why Politicians Want It That Way, Boston 2000.
8 Vgl. die Studie: Human Rights Watch, Losing the Vote. The Impact of Felony Disenfranchisement Laws in the United States, www.hrw. org/reports98/vote/.
9 Albert Scharenberg und Oliver Schmidtke (Hg.), Das Ende der Politik? Globalisierung und der Strukturwandel des Politischen, Münster 2003.
10 Vgl. Claus Leggewie, Wahlkampf mit der Homoehe, in: "Blätter", 5/2004, S. 536-538.
11 Naomi Klein, Ditch the Distraction in Chief, in: "The Nation", 16.8.2004.
12 Frances Fox Piven und Richard A. Cloward, Poor People’s Movements: Why They Succeed, How They Fail, Philadelphia 1977.
Blätter für deutsche und internationale Politik © 2005
Die deutsche Presse wird anti-amerikanisch
Von Peter Schwarz
7. März 2002
Demnächst erscheint die März/April-Ausgabe der Zeitschrift "gleichheit", in der wichtige Beiträge des World Socialist Web Site wiedergegeben sind. Thema der neuen Ausgabe ist "Europa und Amerika". Sie enthält mehrere Artikel, die die Bedeutung des Kriegs in Afghanistan analysieren, und einen detaillierten Vortrag von Peter Schwarz über die wachsenden Spannungen zwischen Europa und Amerika. Nachfolgend dokumentieren wir das editorial.
In den tonangebenden Kreisen Deutschlands hat in den vergangenen Wochen ein deutlicher Meinungsumschwung stattgefunden. Die traditionelle Verbundenheit mit den USA, über die seit der Nachkriegszeit weitgehende Übereinstimmung herrschte, ist einer skeptischen bis feindseligen Haltung gewichen. Vor allem Publikationen, die dem liberalen oder sozialdemokratischen Spektrum zugerechnet werden - Frankfurter Rundschau, Süddeutsche Zeitung, Der Spiegel, Die Zeit - schlagen einen zunehmend Amerika-kritischen Ton an, der auch in Regierungskreisen ein Echo findet.
Als Bundeskanzler Gerhard Schröder der Regierung Bush nach dem 11. September seine "uneingeschränkte Solidarität" im Krieg gegen den Terrorismus zusicherte, war dies kaum auf Kritik gestoßen. Aber inzwischen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die US-Regierung nicht bereit ist, ihr politisches und militärisches Vorgehen mit ihren Verbündeten abzustimmen. "Das Kalkül der Europäer, die eilfertig versprochene ‚uneingeschränkte Solidarität' vergrößere ihre Einwirkungsmöglichkeiten auf den Großem Bruder", habe sich als "illusionär" erwiesen, kommentiert Der Spiegel die allgemeine Ernüchterung. Und Die Zeit meint: "Die Europäer haben sich getäuscht. George W. Bush ist nicht vom Saulus zum Paulus geworden. Der Afghanistan-Feldzug gedieh rasch zum Triumph des einseitigen Auftrumpfens." Laut Spiegel herrscht in Regierungskreisen "inzwischen die Ansicht vor, dass reine Machtpolitik und weniger der Kampf gegen den Terrorismus" hinter dem amerikanischen Vorgehen im Nahen Osten stehe.
Theo Sommer fordert in der jüngsten Ausgabe der Zeit, Europa müsse "mit Selbstbewusstsein, Gelassenheit und Festigkeit" auf die amerikanische "Arroganz der Macht" reagieren. Die Europäische Union müsse "der amerikanischen Zumutung widerstehen, Weltpolitik auf den militärischen Aspekt zurückzuschrumpfen" und "auf geduldige Diplomatie, auf multilaterale Lösungen, auf Stärkung der Vereinten Nationen" setzen - mit anderen Worten: es müsse seine eigenen Allianzen gegen die USA schmieden. Zum "weltweiten Hilfssheriff der Amerikaner" dürften sich die Europäer auf keinen Fall machen lassen, betont Sommer
Auch die Bundesregierung stellt sich auf eine Konfrontation mit den USA ein. Außenminister Joschka Fischer, bis vor kurzem der transatlantischen Partnerschaft fest verbunden, warnte auf einer Kabinettssitzung vor dem Tag, "wo die Europäer klar machen müssen: Das ist nicht mehr unsere Politik".
Hinter diesem Meinungsumschwung steht die Erkenntnis, dass sich die geopolitischen Interessen Europas und Amerikas auf Dauer nicht unter einen Hut bringen lassen. Je weiter die USA ihre Militäraktionen in Zentralasien und im Nahen Osten ausdehnen, desto mehr verblasst die offizielle Begründung, es gehe dabei um die Bekämpfung des Terrorismus. Die Stationierung amerikanischer Truppen in immer neuen Nachfolgestaaten der Sowjetunion und die Kriegsdrohungen gegen den Irak und den Iran zeigen, dass die US-Regierung die koloniale Unterwerfung strategisch wichtiger Regionen und Rohstoffquellen anstrebt, von denen auch die europäische Wirtschaft abhängig ist. Der Spiegel zitiert in seiner jüngsten Ausgabe einen namentlich nicht genannten europäischen Außenminister mit den Worten, er wolle der US-Regierung zwar "nicht unterstellen, dass sie eine permanente Besetzung der Erdölfelder in dem gesamten Raum plane - doch den Amerikanern werde schon aus Selbstschutz letztlich gar nichts anderes übrig bleiben, mit unübersehbaren Folgen für die Nahostregion und den gesamten Weltfrieden."
Während amerikanische und europäische Truppen in Afghanistan noch Seite an Seite kämpfen, verschärfen sich in den Staatskanzleien und Außenministerien die Gegensätze und Spannungen. Die Kritik an der aggressiven amerikanischen Außenpolitik dient unter diesen Umständen auch dazu, Unterstützung für die nicht weniger aggressiven Ziele der deutschen und europäischen Außenpolitik zu mobilisieren. Zu diesem Zweck werden gezielt anti-amerikanische Töne angeschlagen.
Der Vorwurf des Anti-Amerikanismus wird auch von rechten Politikern erhoben, wie dem CDU-Fraktionschef Friedrich Merz, für den jede Missbilligung der Politik der US-Regierung ein Sakrileg darstellt. Aber Kritik an der reaktionären Politik der Bush-Administration an sich ist ebenso wenig ein Ausdruck von Anti-Amerikanismus, wie Kritik an der Politik von Bundeskanzler Schröder ein Ausdruck von Anti-Deutschtum ist. Der Anti-Amerikanismus beginnt dort, wo das amerikanische Volk als Ganzes für die Politik von Bush verantwortlich gemacht wird, wo jeder Gegensatz zwischen den ultrarechten Kräften, auf die sich die Bush-Administration stützt, und der Bevölkerungsmehrheit geleugnet wird.
Dieses Erklärungsmuster zieht sich durch zahlreiche Leitartikel und Kommentare in der deutschen Presse. So behauptet Wolfgang Koydl in der Süddeutschen Zeitung : "In Europa und anderswo macht man gerne George Bush persönlich verantwortlich für Amerikas Rowdytum. Mal ist er Cowboy, mal ein Rambo... Doch Bush ist nicht die Ausnahme... Bei den Wahlen mag er zwar keine oder nur eine knappe Mehrheit bekommen haben; gleichwohl vertritt er heute den Moralkodex eines religiösen, prüden, hart arbeitenden Amerikas besser als der Saxofon spielende Schürzenjäger Bill Clinton." Spiegel -Herausgeber Rudolf Augstein versteigt sich zu der absurden Behauptung: "Es ist die amerikanische Mentalität, die wir wohl bis zum Ende der Menschheit nicht ändern können." Und Die Zeit hat dem amerikanischen Jungakademiker Jedediah Purdy eine ganze Seite zur Verfügung gestellt, um sich über das Thema auszulassen. Bush, heißt es dort, stehe "für die Tradition des guten Herzens in der amerikanischen Politik". Dies sei die "politische Mehrheitskultur", in der sich "eine spezifisch amerikanische Neigung" äußere, "den rechtsförmigen Schutz der Freiheit preiszugeben".
Diese Behauptungen sind ein Gemisch aus anmaßender Ignoranz und gezielter Irreführung. Die enormen sozialen Gegensätze, die die amerikanische Gesellschaft zerreißen, werden darin ebenso ignoriert, wie die Tatsache, dass Bush bei der Wahl keine Mehrheit erzielte und nur dank der Entscheidung eines rechtslastigen Gerichts Präsident wurde.
Das wsws hat schon im vergangenen Jahr einen Artikel "Anti-Amerikanismus: Der ‚Anti-Imperialismus' von Dummköpfen" veröffentlicht, in dem es heißt: "Die Vorstellung von ‚der USA' als einem monolithischen, raubgierigen imperialistischen Block kann nur Verwirrung und Desorientierung stiften. Sie bildet nicht nur ein Hindernis für wahren Internationalismus, sondern übergeht auch den widersprüchlichen Charakter der amerikanischen Geschichte und Gesellschaft... Die Vereinigten Staaten sind ein komplexes Gebilde mit einer komplexen Geschichte, die ausgesprochen schändliche und ausnehmend erhabene Elemente enthält."
Im Lichte der deutschen Geschichte nimmt sich die Entdeckung einer unabänderlichen amerikanischen Mentalität, die zum Rowdytum und zur Preisgabe der Freiheit neigt, besonders absurd an. Im Gegensatz zu Deutschland, wo nie eine siegreiche demokratische Revolution stattfand, haben die USA zwei Revolutionen durchgemacht - die amerikanische Revolution und den Bürgerkrieg. Diese Traditionen haben sich fest ins gesellschaftliche Bewusstsein eingeprägt und unter anderem in der Bürgerrechtsbewegung der sechziger Jahre ihren Ausdruck gefunden. Die wenigen, wirklich demokratischen Elemente, die sich heute in der deutschen Verfassung finden, sind vor allem infolge des Siegs der Alliierten im Zweiten Weltkrieg hineingeraten. Die deutsche Regierung wirft sie unbekümmert wieder über Bord, wenn es die Umstände erfordern - wie die beiden Sicherheitspakete von Innenminister Otto Schily anschaulich zeigen.
Die Behauptung, Bush verkörpere den durchschnittlichen Amerikaner, ist eine glatte Lüge. Selbst wenn man von der Tatsache absieht, dass er den Wahlsieg regelrecht gestohlen hat und bundesweit rund 600.000 Stimmen weniger bekam als sein demokratischer Gegner Al Gore, haben nur ein Viertel der amerikanischen Wahlberechtigten für ihn gestimmt. Rund die Hälfte enthielt sich angesichts des Fehlens einer sichtbaren Alternative zu den beiden bürgerlichen Kandidaten der Stimme.
Seit der Wahl hat sich die Kluft, die Bush und die ihn umgebende rechte Clique von der Masse der Bevölkerung trennt, weiter vertieft. Bush hat die Politik seiner Vorgänger, die das Volkseinkommen systematisch von unten nach oben umverteilten, zielstrebig fortgesetzt. Der gegenwärtige Krieg in Afghanistan dient nicht nur außenpolitischen Zielen, er ist auch Bushs einzige Antwort auf die inneren Probleme. Ohne das ständige Schüren von Chauvinismus, das den Krieg begleitet, wären die sozialen Gegensätze, die die amerikanische Gesellschaft spalten, längst aufgebrochen.
Die Umfragen, die Bush hohe Popularität bescheinigen, sind in höchstem Maße trügerisch. Sie spiegeln vor allem die Tatsache wieder, dass es keine ernstzunehmende politische Opposition gibt, nachdem sich die Demokraten und die willfährigen Medien völlig an Bush angepasst haben, und dass die wirkliche Stimmung der Bevölkerung keine bewusste Artikulation findet. Aber so etwas kann sich rasch ändern, wie Bushs italienischer Gesinnungsbruder Silvio Berlusconi jüngst erleben musste.
Der Anti-Amerikanismus, der von der deutschen Presse geschürt wird, dient dazu, einen Keil zwischen die europäische und amerikanische Bevölkerung zu treiben und Unterstützung für die imperialistische Außenpolitik der eigenen Regierung zu schüren. Wie in Amerika richtet sich das Anwachsen des Militarismus auch hier gegen die eigene Bevölkerung, die in Form von Sozialkürzungen und dem Abbau demokratischer Rechte die Kosten dafür tragen muss. Der Kampf gegen diese Entwicklung ist nur auf der Grundlage eines internationalen, sozialistischen Programms möglich, das die Arbeiter Europas und Amerikas vereint.
Siehe auch:
Anti-Amerikanismus: Der "Anti-Imperialismus" von Dummköpfen
(23. September 2001)
Wirtschaftliche Bilanz positiv
Die wirtschaftliche Bilanz seiner ersten Amtszeit kann durchaus als erfolgreich beurteilt werden. Die Wirtschaft ist nach der Rezession 2001, getrieben durch eine expansive Fiskalpolitik und unterstützt durch eine außergewöhnlich lockere Geldpolitik, rasch auf einen Wachstumspfad zurückgekehrt, der seit 2004 auch wieder als selbsttragend bezeichnet werden kann. Im vergangenen Jahr ist das reale BIP um 4,5% gewachsen und dürfte im laufenden Jahr trotz hoher Ölpreise um rund 4% zunehmen. Nach einem Abbau von insgesamt rund 2,7 Mio. Arbeitsplätzen von Anfang 2001 bis zum Sommer 2003 wurden seither wieder knapp 2,5 Mio. neue Stellen (durchschnittlich 186.000 pro Monat im vergangenen Jahr) geschaffen, und die Arbeitslosenquote ging von ihrem Höchststand von 6,3% auf aktuell 5,4% zurück. Nicht schlecht für eine Entwicklung, die von vielen Beobachtern als "jobless recovery" bezeichnet wird. Schatten auf die positive Bilanz werfen die enorme Verschlechterung der öffentlichen Finanzen und das ausufernde Leistungsbilanzdefizit. Bei Amtsübernahme wies das Budget der Zentralregierung noch einen leichten Überschuss auf, 2004 schloss es mit einem Fehlbetrag von gut USD 400 Mrd. oder knapp 3 ½% des BIP (gesamter öffentlicher Sektor: -4,6% des BIP). Die Absicht von Präsident Bush, das Defizit in seiner zweiten Amtsperiode zu halbieren, halten wir trotz einer Verbesserung des zyklischen Defizits für zu ambitiös. Die hohen öffentlichen Defizite und die niedrige Sparquote der privaten Haushalte ließen den Fehlbetrag in der Leistungsbilanz im vergangenen Jahr auf ein neues Rekordhoch von rund 5,5% des BIP steigen. Im laufenden Jahr könnte es sogar die Marke von USD 700 Mrd. oder 5 ¾% des BIP überschreiten. Die Unsicherheit über die langfristige Finanzierbarkeit solch hoher Defizite lastet auf dem USD. Obwohl zuletzt Fed Chairman Greenspan die möglichen Auswirkungen auf den USD thematisiert hat, zeigt die Bush-Administration wenig Problembewusstsein. Maßnahmen zur Reduktion des Leistungsbilanzdefizits - wie von europäischen Politikern gefordert - wird der Präsident wohl kaum ergreifen.
Reform des Renten- und Steuersystems auf der wirtschaftspolitischen Agenda
Neben der "Herkules-Aufgabe" der Konsolidierung der öffentlichen Finanzen dürfte die wirtschaftspolitische Agenda in der zweiten Amtsperiode von Präsident Bush vor allem durch zwei Themen bestimmt sein. Dabei handelt es sich zum einen um die jüngst in den Mittelpunkt der politischen Diskussion gerückte Teilprivatisierung des staatlichen Rentensystems, die das Rentensystem vor den Auswirkungen der Alterung der Gesellschaft schützen und die Finanzierbarkeit langfristig sichern soll; zum anderen um eine umfassende Steuerreform, die das amerikanische Steuersystem wesentlich vereinfachen und effizienter gestalten soll. Ob sich allerdings beide Vorhaben in der verbleibenden Zeit verwirklichen lassen, ist fraglich. Zwar hat Präsident Bush den Vorteil, dass er sich auf einen republikanisch geführten Kongress stützen kann. Allerdings sind die Reformvorhaben, insbesondere in der Rentenpolitik, selbst unter den Republikanern sehr umstritten. Eine Lähmung, wie bei vielen Präsidenten ab der Mitte der zweiten Amtsperiode zu beobachten war, ist somit bei Präsident Bush nicht ausgeschlossen und könnte schon bald zu einer Konzentration auf die Außenpolitik führen. War die Inaugurationsrede von Präsident Bush dafür schon der Anfang?
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Re: Stones Rail Against Bush
Posted by: jumpinjackgreg (IP Logged)
Date: August 25, 2005 20:52
I don't blame the president for any faults on my part, but I do blame him for hurting other people...
-I blame him for sending our troops to Iraq when we didnt' need to be there. I know people who have been there and I know a kid that has died. He was 21. Don't you DARE, and i mean it, dont' you DARE try to yell at me about how Iraq is a good thing. When we send young kids to die for no reason, you better be god damned ashamed of yourself. end of story.
- I blame him for drastically underfunding his intensely rigid No-Child Left Behind program. My mother has taught kindergarten and 1st grade here in the States for many years. She said these years of Bush have been the worst b/c of the funding that has gone missing and b/c now they have to devote so much time testing these kids over and over and that it doesnt make a difference. It only hinders their educational experience b/c it takes them away from a good learning environment.
-I blame him for ruining our economy. His tax cuts for the rich aren't helping us normal folks at all. He gives companies benefits for EXPORTING jobs. That's almost treason! What an @#$%&. I'm 21 years old, but I've been working at metal and electric factory for about 6 years. I've seen many good men lose their jobs. The factory was thriving during the Clinton administration, but these Bush years have cost many men to find lower paying jobs just so they can feed their kids. And you think Bush is a good man? I spit at that idea.
- I also blame him for the INTENSE division in our nation. He knows he can get the extreme religious on his side when he attacks gay men and women. Who is Bush? Why does he think it's the right thing to do? These are hard working people who earn their living just as much as you and I. How dare ANYBODY decide that they are less of a citizen that we are? This is 2005. I thought we were smarter than that. But no, Bush likes us to pretend it's 1935 and start a war against the rights of people who deserve to have the same benefits as anyone else. This is America. I lose more and more pride everyday b/c I feel like we are becoming a backwards nation. This also applies to a women's rights. I was at that rally a year ago when A MILLION PEOPLE marched in DC. Yes I'm a 21-yr-old male and I believe that women deserve to have that right. they don't have to use it, but they need to know they have it.
I'm sorry, I tend to go on rants when it comes to this man. But I truly believe that he and his shady members of his administartion are the main reason why our country is so messed up right now. We needed a man like Kerry to come in here and fix things, but no, we're just too blind to let it happen.
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